Tegel, den 28.9.1944

Meine liebe Inge!

In aller Eile ein paar kurze Zeilen. Deinen lieben Brief habe ich gestern erst erhalten. Das kommt daher, weil ich am 14.9. nach Berlin gefahren bin. Zu aller erst danke ich Dir für diesen Brief recht herzlich.

Na Du, einen Kriegsgeburtstag hast Du ja nicht verlebt! Was Du da bekommen hast reicht man gerade so zu. Hoffentlich hast Du Deinen Geburtstag gut verlebt, was ich natürlich stark annehme.

Nun aber etwas anderes! Unsere Schule wurde auch geschlossen. Augenblicklich gehe ich nur von einem Arbeitsamt zu anderen. Es kommt aber nichts gescheites dabei heraus. Allerdings sehe ich sehr, sehr schwarz.
Aber nichts ändert sich daran, dass es mir soweit ganz gut geht.

Und wie geht es Dir, liebe Inge?
Was macht die Schule? Ist nun in der Zwischenzeit Joh. v. Grimmelshausen schon gestorben? (Der arme Kerl!!)
Du, schreib mir doch mal ganz genau, was meine beiden Racker machen. Aber nur wenn Du Zeit hast, verstanden!
Tante Elsbeth kommt vielleicht doch nicht dazu. Wie geht es ihr eigentlich? Ist sie noch wohlauf? Grüße sie doch bitte herzlich von mir.

Sonst ist noch alles beim Alten hier.
Was macht Lothar eigentlich? Der Kerl lässt gar nichts von sich hören, aber ich bin ihm noch einen Brief schuldig. Allerdings könnte er aber trotzdem schon geschrieben haben, das Früchtchen!

Nun "enough for to-day"!

Es grüsst Dich recht herzlich Deine
Gisela